Gewalt in
der Erziehung

Das haut nicht hin. Schon vor über 30 Jahren wurde dies gesetzlich verboten.

Eltern haben das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig. Soweit tunlich und möglich sollen die Eltern die Obsorge einvernehmlich wahrnehmen. § 137 Abs. 2 ABGB

Seit über 30 Jahren
werden Kinder
gesetzlich vor Gewalt
in der Erziehung
geschützt.

Was zählt alles zu Gewalt?

Gewalt in der Erziehung spielt sich auf vielen Ebenen ab. Neben körperlicher Misshandlung zählen auch seelische Gewalt, emotionale, körperliche sowie erzieherische Vernachlässigung und sexuelle Gewalt dazu. Auch wenn Kinder und Jugendliche Gewalt zwischen ihren Eltern miterleben, hat das weitreichende Folgen für sie.

Großteils geschehen körperliche Misshandlungen in Situationen der Überforderung und Hilflosigkeit der Eltern. Körperliche Gewalt an Kindern wird in verschiedenen Formen ausgeübt:

  • Ohrfeigen
  • an den Haaren reißen
  • Zwicken, Quetschen und Treten
  • Schläge, auch mit Gegenständen
  • Schütteln des Kindes
  • Stechen, Schneiden
  • Würgen
  • Verbrennen (auch mit Zigaretten), Verbrühen, Unterkühlen

 

Straftatbestände: Körperverletzung (§§ 83, 84, 87 und 88 StGB)

Seelische Gewalt liegt vor, wenn ein Kind dauerhaft zurückgewiesen, abgewertet, verspottet, bedroht oder genötigt wird, aber auch wenn es Liebesentzug erfährt oder isoliert wird. Diese Form der Misshandlung kommt häufig vor, ist aber oft schwer zu identifizieren. Viele Kinder erleben täglich:

  • Beschimpfungen
  • Wutanfälle
  • Drohungen
  • Einsperren
  • Miterleben von Gewalt zwischen Eltern oder nahen Bezugspersonen im familiären Umfeld
  • Miteinbezogen-Werden in Beziehungskonflikte
  • extrem behütendes und fürsorgliches Verhalten, das Ohnmacht, Wertlosigkeit und Abhängigkeit vermittelt
  • unangemessener Leistungsdruck

 

Straftatbestände: Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen (§ 92 StGB), Nötigung (§ 105 StGB)

Ein Kind kann körperlich, aber auch emotional vernachlässigt werden. Keine ausreichende Nahrung und Kleidung, unzureichende Körperhygiene oder mangelnde medizinische Versorgung sind meist leichter wahrzunehmen. Manche Kinder bekommen aber keine Zuwendung, sie werden nicht ausreichend beaufsichtigt oder zu wenig gefördert. Hinweise zur Früherkennung:

  • mangelnde Körperpflege
  • verschmutzte Kleidung
  • Unterernährung
  • Entwicklungsrückstände
  • Ausreißen von zu Hause
  • auffallende Distanzlosigkeit Fremden gegenüber
  • mangelnde Aufsicht
  • mangelnder Schutz vor Gefahren

 

Straftatbestände: Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen (§ 92 StGB)

Von sexueller Gewalt an Kindern spricht man, wenn Erwachsene oder Jugendliche sich bewusst und absichtlich am Körper von Minderjährigen befriedigen oder sich von ihm befriedigen lassen. Abhängigkeit, Macht und Nähe werden gezielt eingesetzt, um Druck auszuüben oder das Vertrauen des Kindes auszunutzen. Sexuelle Gewalt an Kindern geschieht zum überwiegenden Teil im engeren Familien- und Bekanntenkreis. Beispiele:

  • intime Berührungen von Penis, Scheide, Klitoris, Po oder Brust eines Kindes
  • Masturbieren in Anwesenheit eines Kindes
  • Berührung der Genitalien des Erwachsenen
  • Reiben der Geschlechtsorgane am Körper eines Kindes
  • Eindringen in Scheide oder After eines Kindes mit Finger(n), Penis oder Fremdkörpern
  • orale sexuelle Handlungen
  • Zusehen müssen bei sexuellen Handlungen Erwachsener
  • Ansehen müssen von pornografischem Material
  • Herstellen und Verbreiten von Nacktbildern oder pornografischen Aufnahmen von und mit Kindern
  • Kinderprostitution

 

Straftatbestände: Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (§ 201 – 218), Unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB)

Betrifft mich das?

Kinder erziehen ist eine schöne und erfüllende Aufgabe. Im Familienalltag gibt es aber immer wieder Situationen, die im Streit enden, uns aus der Fassung bringen und im schlimmsten Fall zu Gewalt gegen Familienmitglieder führen können. Als Erwachsene sind wir danach vielleicht über uns selbst schockiert und damit noch mehr überfordert.

 

„Wenn mein Mann getrunken hat, ist er immer aggressiv geworden. Er hat mich beschimpft, Gegenstände herumgeworfen und vor lauter Angst habe ich mich im Schlafzimmer eingesperrt. Die Kinder haben alles mitbekommen.“

„Der ganze Stress ist uns irgendwann über den Kopf gewachsen. Wenn dann auch noch die Kinder den ganzen Tag streiten und quengeln, habe ich oft keine Geduld mehr und ja, dann verpasse ich ihnen eine Ohrfeige. So weit kommt es manchmal.“

„Ich muss ständig Überstunden machen, sonst werde ich gefeuert. Ich darf die Arbeit nicht verlieren – dann kann ich unsere Wohnung nicht weiter bezahlen. Für die Familie habe ich auch keine Kraft mehr. Unsere Ehe ist am Ende und mit unseren Kindern schimpfe und schreie ich nur mehr.“


Diese Stellen können dir helfen:

Bin ich daran schuld?

Es ist absolut verboten, dass deine Eltern oder sonst jemand dich schlagen. Egal, was du angestellt hast. Schuld an Gewalt ist immer die Person, die sie ausübt. Jedes Kind hat ein Recht darauf, vor Gewalt geschützt zu werden. Das steht im Gesetz und in der internationalen Kinderrechtekonvention.

Wenn dir so etwas passiert oder es dir sonst nicht gut geht, dann sprich mit einem Erwachsenen, dem du vertraust (Lehrerin, Schulsozialarbeiter, Tante, …). Es gibt aber auch Beratungsstellen, an die du dich wenden kannst. Das Wichtigste ist, dass du dir Hilfe holst.

 

„Wenn mein Papa wütend ist, sagt er immer schlimme Sachen zu meiner Mama und schmeißt Dinge durch die Gegend. Ich habe dann immer Angst, dass er einmal so wütend wird und uns ganz arg wehtut.“

„Es war mir schon unangenehm, was er von mir wollte, aber ich bekam immer Belohnungen und wir haben dann oft tolle Ausflüge gemacht, wenn ich es gemacht habe. Als ich aber auf einmal mehr als sonst tun musste, habe ich mich geekelt, es war grauslich und ich wollte es nicht mehr.“

„Ich möchte meinen Namen nicht sagen, aber ich brauche Hilfe. Meine Mutter bestraft mich, wenn ich etwas falsch mache und sie findet immer einen Grund. Wenn ich es meinem Vater erzähle, ist es ihm egal.“


Diese Stellen können dir helfen:

Für Beobachter:innen

Wenn wir miterleben, dass ein Kind von Gewalt betroffen ist, fühlen wir uns oft hilflos in der Rolle als Beobachter:in. Wegschauen und weitergehen ist jedoch kein guter Weg, damit umzugehen. Wenn Sie nicht wissen, wie man Betroffene darauf ansprechen kann, können Sie sich auch als Beobachter:in von Expert:innen in den Beratungsstellen unterstützen lassen. Gemeinsam finden Sie einen Weg, wie dem Kind geholfen werden kann.

Einen schwerwiegenden Verdacht einer Kindeswohlgefährdung sollten Sie der Kinder- und Jugendhilfe mitteilen – das geht, wenn nötig, auch anonym. Bestimmte Berufsgruppen (z.B. Pädagog:innen, Gesundheitsberufe) sind bei einem begründetem Verdacht zu einer schriftlichen Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich verpflichtet.

 

„Mir sind bei einem Schüler im Turnunterricht blaue Flecken aufgefallen. Als ich später alleine mit ihm geredet habe, hat er erzählt, dass er von seiner Mama geschlagen wird. Ich habe die Kinder- und Jugendhilfe verständigt. Die Familie bekommt jetzt Unterstützung.“

„Meine beste Freundin wird immer trauriger und mag nicht mehr leben. Ihre Mutter beschimpft sie und macht sie nieder, wenn ihre Noten nicht gut sind. Sie hält den Druck nicht mehr aus. Ich habe beim Kinderschutzzentrum gefragt, was ich tun kann. Das war eine große Hilfe für mich und meine Freundin.“


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Statement
 

Die jungen Menschen in unserem Land sind die Zukunft und auch die Gegenwart unserer Gesellschaft. Sie haben das Recht auf eine gewaltfreie Kindheit und eine liebevolle Erziehung. Es ist unsere Verantwortung sicherzustellen, dass sie sich in einer friedlichen und sicheren Umgebung entwickeln und ihre Persönlichkeiten entfalten können. Kinderschutz und Kinderrechte müssen für uns alle oberste Priorität haben. Daher ist es mein erklärtes Ziel, Oberösterreich zum Vorzeigebundesland für Kinderschutz und Kinderrechte zu machen.

Mag. Michael Lindner, Landesrat für Kinder- und Jugendschutz

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